Sachsens große Marken

15:43 18.06.2006
by EBSON

07.01.2004
August Horch, Paul Daimler und Wilhelm Maybach sind die bedeutendsten deutschen Automobilkonstrukteure aus der Anfangszeit des Automobils. Horch war nach seinem Studium am Technikum Mittweida/Sachsen in mehreren Firmen des Maschinenbaus als Entwicklungsingenieur beschäftigt, bevor er seine Reparaturfirma in einem Pferdestall in Köln-Ehrenfeld gründete. Von dort ging er 1903 in das sächsische Reichenbach i.V., um zusammen mit einem Investor aus Plauen i.V. eine Automobilmanufaktor zu eröffnen.

1904 ging er wegen der Unternehmensexpansion in das westsächsische Zwickau, damals Sitz der Bezirksregierung der Kreishauptmannschaft Zwickau. Die Ansiedlung des Unternehmens war kein Zufall, denn die Stadt konnte Horch ausreichend große Betriebsgelände und Fabrikgebäude bieten. Aufgrund des Steinkohlenbergbaus gab es eine preiswerte Energie-Basis und eine gute Infrastruktur in dem damals durch die Steinkohlenindustrie dicht besiedelten Umland. In der Robert Schuhmann Stadt war ein solventes und von der Technik begeistertes Bürgertum zu Hause.

Kommerzienrat Paul Fikentscher war Fabrikbesitzer der Zwickauer Steinzeugwerke, Stadtrat und Präsident des Sächsischen-Thüringisch Automobilklubs. Er suchte größere Mobilität, um seinen Geschäftsbeziehungen im thüringischen Jena-Saale-Kreis intensiver nachgehen zu können. Zeitig erkannte er die Bedeutung der Automobile. Er war 1904 ein Großinvestor der HORCH Werke. Sein finanzielles Engagement trug zum wirtschaftlichen Erfolg der jungen Firma bei. Bald kamen HORCH-Wagen zu großen Siegen bei Prüfungsfahrten, wie z.B. der Herkomer-Fahrt.

Nach Meinungsverschiedenheiten zwischen August Horch und der Leitung der HORCH-Werke AG verließ Horch 1909 die von ihm gegründete Firma.

Noch im gleichen Jahr gründete August Horch eine neue Firma, wieder in Zwickau. Mit dem Kapital von Kommerzienrat Paul Fikentscher und seinem Neffen Franz Fikentscher ausgestattet, wurde in Sichtweite seines ersten Unternehmens die Holzwarenfabrik Robert Walter in der damaligen Lessingstraße 51 gekauft. Doch August Horch hatte keinen Markenschutz auf seinen Namen. Nach einem verlorenen Rechtsstreit mit seiner alten Firma war er gezwungen, einen neuen Namen für das neue Automobilwerk herauszubringen. Bei einer der vielen Diskussionsrunden mit den Fikentschers war Rudolf Fikentscher (11.12.1894 - 21.8.1916), ein Sohn von Franz Fikentscher, im Salon anwesend. Er hatte die Idee "AUDI" - also HORCH ins Lateinische zu übersetzen. (audire = hören, AUDI = HORCH). Dieser 16 jährige Zwickauer Gymnasiast, der im Ersten Weltkrieg an der Somme in Frankreich fürs Vaterland starb, ahnte damals nicht, dass er Erfinder einer Weltmarke sein würde.

1964 wurde die Marke AUDI vom VW-Konzern in Ingolstadt wiederbelebt, um das Stinker-Image von DKW los zu werden. Seither greift die Marke AUDI Schritt um Schritt wieder nach den Sternen !

Die HORCH-Werke blieben damals die Nummer 1 unter den beiden Zwickauer Automobilherstellern. Auf den Bau von großen Luxuswagen spezialisiert, konnten Sie von dem bereits am Markt etablierten Image profitieren. Anspruch war: Qualität auf höchstem Niveau. Man wusste genau, was man dem elitären Kundenkreis für viel Geld schuldete.

August Horch war der Vater großer Erfindungen, z.B. der stoßfreie Motor, der Kardanantrieb der Links-Lenker, die Vierradbremse. Diese wurden bei den Technik-Gesprächen im Hause Fikentscher mit Horch diskutiert, denn schon damals waren die Fikentschers sogenannte Viel-Fahrer. Aus ihrer Fahrpraxis heraus konnten sie genau beschreiben, welche Eigenschaften und nützliche Erweiterungen ein Automobil haben sollte.

Die Technologie bei HORCH war wegweisend. Mit dem Einsatz von Diamant-Werkzeugen in der Motorenfertigung wurden die Toleranzen unter die 3 My Grenze gedrückt. Auch das war damals ein Novum !

Schließlich gerieten mit der Krise Ende der 20iger Jahre die sächsischen Automobilfirmen wirtschaftlich unter Druck.

Folglich wurde 1932 unter der Leitung sächsischer Großbanken die AUTO-UNION AG gegründet, dessen Signet - die 4 verschlungenen Ringe - eine Erfindung von Dr. Richard Bruhn von der sächsischen Staatsbank, die das Konzernsymbol für den Zusammenschluss der vier Automobilmarken AUDI, DKW, HORCH und WANDERER verkörperte.

Der Zusammenschluss zu einem Großkonzern war zukunftsweisend, weil vom Motorrad bis zur automobilen Luxusklasse die gesamte Breite der Nachfrage des Marktes befriedigt werden konnte. Hinter OPEL war die Auto Union auf Anhieb der zweitgrößte deutsche Automobilkonzern. Mit DKW war in Zschopau zudem der größte Motorradhersteller der Welt beheimatet.

Mit den wunderbaren Auto-Juwelen von HORCH identifizierten sich die Eliten. Der Aristokratie, dem Besitzbürgertum, den Filmleuten und den Wirtschaftsführern dienten HORCH-Wagen zur subtilen Abgrenzung gegenüber den braunen Machthabern. Staatsoberhäupter des Auslandes schätzten das Renommee und den Luxus der HORCH-Wagen. Noch bis weit in die 50ger Jahre, als die Marke durch die Russen bereits demontiert war, fuhren zB. Charles de Gaule oder Konrad Adenauer im HORCH Pullmann-Cabriolet vor.

Von HORCH aus Zwickau kamen die ersten industriell in Serie gefertigten 8 und 12 Zylinder Motoren Deutschlands. Die Marke hatte die Spitzenposition in der automobilen Luxusklasse, denn im Segment oberhalb 4 Liter Hubraum hatte sie mit 54% den weithin größten Marktanteil.

Durch die Silberpfeile aus Zwickau eilte die AUTO-UNION zwischen 1934 und 1940 international von Erfolg zu Erfolg. Die Präzision in der Fertigung, gepaart mit vielen Innovationen der Mitarbeiter, war die Grundlage für die großen Grand Prix Siege und Weltrekorde. Die Silberpfeile kannte damals jedes Kind, von Donnington/England bis nach Kapstadt/Südafrika. Sie waren sichtbares Ergebnis einer Symbiose aus Ingenieursarbeit und Leidenschaft. Ihre Rennfahrer waren absolute Spitzenklasse. Die Zwickauer Silberpfeile überschritten im Herbst 1937 mit dem legendären Stromlinienwagen als erste die magische 400 Km/h- Barriere auf einem Teilstück der Reichsautobahn Frankfurt-Darmstadt.

Namen wie Prof. Ferdinand Porsche, Eberan von Eberhorst, Rosemeyer, Stuck, Tazio Nuvolari, H.P. Müller, "Schorsch" Meier, Varzi, Hasse uvam. sind damit verbunden. Bernd Rosemeyer war verheiratet mit der weltbekannten Fliegerin Elly Beinhorn. Bereits zu seinen Lebzeiten war er eine Legende wie heute ein Michael Schuhmacher.

Hardy Domingo

Quellen:
Stadtarchiv Zwickau
Staatsarchiv Chemnitz
Jürgen Pönisch 2000, "100 Jahre HORCH Automobile"
Jürgen Pönisch 2001, "August Horch - Pionier der Kraftfahrt"
Peter Kirchberg "HORCH - Prestige und Tradition"
Archiv Margaretenhall
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